Die Milchstraße

Als nebliges Band zieht sich die Milchstraße rings um das ganze Himmelsgewölbe. Wie nur wenige andere Erscheinungen des Himmels regt sie die Phantasie der Menschen an. So schilderte sie der römische Dichter Ovid als den Weg, auf dem die Götter vom Olymp zum Palast des Zeus schreiten. Jedoch haben uns die Ergebnisse astronomischer Forschung ein naturwissenschaftlich fundiertes Bild der Galaxis entworfen: So wissen wir heute, daß alle mit bloßem Auge sichtbaren Sterne weit entfernte Sonnen sind, die ein riesiges, scheibenähnliches Sternensystem bilden. Betrachtete man sie gleichsam "von außen", erschiene unsere Sonne nur noch als ein durchschnittlicher Stern.

Abb. 1: Die Nachbargalaxie der Milchstraße, der Andromedanebel M31 (Entfernung 2,5 Mill. Lichtjahre). Aufnahme: S.Schröder/F.Sohl am 10.10.1979, Teleobjektiv 300mm, VSW Rothwesten.

Mit einer Geschwindigkeit von 250 km/s benötigt unsere Sonne etwa 250 Millionen Jahre für einen Umlauf um das galaktische Zentrum. Obgleich die Masse der Galaxis auf 200 Milliarden Sonnenmassen geschätzt wird, ist der mittlere Abstand zweier Sonnen so groß, als befänden sich auf die Größe von Kirschen verkleinerte Sterne in den Hauptstädten Europas!

Beinahe alle der etwa 5.000 mit bloßem Auge sichtbaren Objekte am Nachthimmel - ob einzelne Sterne, Sternhaufen oder Gasnebel - befinden sich in unserer "unmittelbaren Nachbarschaft", in einem der Spiralarme unserer Galaxis. In der galaktischen Ebene befinden sich viele Gas- und Staubwolken, das Rohmaterial für neu entstehende Sterne. Diese Wolken behindern die Beobachtung des Kerns der Milchstraße, da das Licht den Staub nicht durchdringen kann. Erst die moderne Radio- und Infrarotastronomie ermöglicht weitergehende Untersuchungen seiner Struktur. Seit langem ist dagegen eine kugelförmige Verteilung einzelner Objekte außerhalb der eigentlichen Galaxis bekannt, der sogenannte Halo. Sein Anteil an der Gesamtmasse beträgt circa 20%. Noch viele Fragen sind dagegen im Zusammenhang mit den weit hinausreichenden Halobereichen offen. Dieser schwer beobachtbare Materiekranz, dessen Gesamtmasse auf 1.000 bis 2.000 Mrd. Sonnenmassen geschätzt wird, spielt besonders in der Diskussion um die dunkle Materie eine wichtige Rolle.

Wasserstoff und Helium, jene Elemente, die sich in den ersten Minuten des Universums vor 10 bis 13 Milliarden Jahren gebildet haben und auch heute noch etwa 98% der Gesamtmasse der Michstraße stellen, sind die Bausteine aller weiteren Materie. Im Sterneninneren werden durch Kernreaktionen viele der Elemente erzeugt, ohne die es auch kein Leben gäbe. Daher ist das Verständnis der Sternentwicklung eine der großen astronomischen Herausforderungen:

Wann entstanden die Sterne ? - Die Sternentstehung hat im Frühstadium der Milchstraße begonnen und hält auch heute noch an. Zwar nimmt die Entstehungsrate ab, aber durch stellare Winde, Novae und Supernovae findet ständig eine Rücklieferung von Material statt, so daß sich ein dynamisches Gleichgewicht einstellt.

Wo entstanden die Sterne ? - Je jünger die Objekte sind, umso stärker sind sie zur galaktischen Ebene konzentriert. Vermutlich sind alle Sterne hier entstanden und erst infolge ihrer Eigenbewegung in höhere Breiten gelangt.

Wie entstanden die Sterne ? - Dieses Problem erweist sich in seinen Einzelheiten als recht schwierig und ist deshalb auch noch nicht in umfassender Weise geklärt. Modellrechnungen zeigen jedoch, wann interstellare Wolken unter der Wirkung ihrer Gravitation, innerem Druck und turbulenter Bewegung instabil werden und beginnen sich zusammenzuziehen. Abhängig von Temperatur und Gasdichte existiert eine kritische Masse, oberhalb derer die Gaswolke in sich zusammenstürzen kann. Wie Beobachtungen zeigen, entstehen meist ganze Sternassoziationen aus einer solchen Gaswolke.

Abb. 2: Der Große Orionnebel M42, ein Sternentstehungsgebiet. Aufnahme: U.Ködding/S.Schröder, 30cm-Spiegelteleskop der VSW Rothwesten.

Zunächst kontrahiert die Materie durch ihre eigene Schwerkraft, die Temperatur im Innern steigt dadurch stark an, bis bei 10 Millionen Grad das Wasserstoffbrennen, die Umwandlung von Wasserstoff in Helium, beginnt. Dieser Vorläufer eines Sternes (Protostern) ist groß und rot; unsere Sonne besaß in diesem Stadium den 60-fachen Radius und eine Oberflächentemperatur von nur 2.000 Grad. Es dauert nun mehrere Millionen Jahre, bis die eigentliche Kontraktion beendet und ein stationärer Zustand erreicht ist. Die langlebigste Phase eines Sterns hat begonnen: Im Kern kann über Milliarden Jahre das "nukleare Feuer" aufrechterhalten werden. In jeder Sekunde wandelt unsere Sonne 600 Millionen Tonnen Wasserstoff in Helium um, und verliert dabei 4 Millionen Tonnen an Masse. Diese Zahl erscheint gewaltig, aber dennoch wird die Sonne noch mindestens weitere 5 Milliarden Jahre in diesem Zustand verweilen. Sobald sich der Wasserstoffvorrat stark verringert hat, wird diese Art der Energieerzeugung beendet, und der Kern kontrahiert, bis bei einer Temperatur von 100 Millionen Grad das Helium zu Kohlenstoff umgewandelt werden kann. Man hat errechnet, daß ihr Durchmesser bei 40 Millionen km liegen wird, wenn die Sonne diese Entwicklungsstufe erreicht hat. Die Sonne ist dann zu einem Roten Riesen geworden. Wenn jedoch aller Kernbrennstoff aufgebraucht ist, kann nichts mehr das durch die Schwerkraft bedingte Schrumpfen des Sterns aufhalten; der Stern erreicht je nach seiner Masse auf unterschiedlichen Wegen seinen Endzustand: Der Stern durchläuft möglicherweise das Stadium eines Planetarischen Nebels, indem er seine Hülle abstößt. Dabei verliert er einen Teil seiner Masse, und zurück bleibt ein sehr dichter Reststern, ein Weißer Zwerg. Die expandiernde Gashülle und das durch sie verdichtete interstellare Medium werden zum Leuchten angeregt. Da das Gas mit 20 bis 50 km/s entweicht, sind Planetarische Nebel relativ kurzlebige Objekte. Nach etwa 30.000 Jahren hat sich das Gas so weit verdünnt, daß es nicht mehr beobachtbar ist.

Abb. 3: Der Ringnebel in der Leier (M57), ein Planetarischer Nebel. Aufnahme: H.Mai/R.Schwebel, 30cm-Spiegelteleskop der VSW Rothwesten.

Massereichere Sterne erleiden möglicherweise einen Supernovaausbruch, wie er beispielsweise 1987 in der Magellanschen Wolke beobachtet wurde. Die Ausbruchswahrscheinlichkeit für eine Supernova am Ende eines massereichen Sternenlebens wird für unsere Milchstraße auf ein Ereignis innerhalb von 30 Jahren geschätzt. Aus einer derartigen Katastrophe geht entweder ein ultradichter Neutronenstern mit einer Masse von unter drei Sonnenmassen oder ein massereiches Schwarzes Loch hervor. Der Gravitationskollaps setzt in kurzer Zeit riesige Energiemengen frei. Für die Dauer einer Woche leuchtet eine Supernova so hell wie eine ganze Galaxie mit zehn Milliarden Sonnen. Man unterscheidet zwischen zwei Typen: Typ I-Supernovae werden durch die Explosion von Weißen Zwergen hervorgerufen, die Partner eines engen Doppelsternsystems sind. Überfließende Materie des Begleitsterns läßt die Masse über eine kritische Grenze von eineinhalb Sonnenmassen anwachsen. Dann kommt es zu einer explosionsartigen Reaktion von Kohlenstoff zu Nickel, Kobalt und Eisen, welche den Weißen Zwerg zerstört. Eine Typ II-Supernova flammt auf, wenn ein massereicher Stern (etwa acht Sonnenmassen oder mehr) am Ende seines Lebens die Energieproduktion durch Kernverschmelzung einstellt. Er wird instabil, sein Zentralbereich bricht zusammen, eine gewaltige Explosion ist die Folge. Dabei entstehen aufgrund der kurzzeitig sehr hohen Temperaturen viele schwerere Elemente. Zurück bleibt ein Neutronenstern, ein überaus kompaktes Objekt. Der Durchmesser liegt bei etwa 20 km, und ein Kubikzentimeter wiegt 100 Millionen Tonnen.
Viele dieser Neutronensterne sind intensive Radioquellen, von denen wir Pulse mit sehr kurzer und konstanter Periode empfangen. Heute sind über 300 dieser sogenannten Pulsare bekannt, und einige konnten auch visuell bereits identifiziert werden. Der Mechanismus, auf den die gepulsten Signale zurückzuführen sind, ist die Wechselwirkung zwischen dem starken Magnetfeld und Elektronen im Zusammenhang mit der sehr schnellen Rotation der Neutronensterne. Die beschleunigten Elektronen senden einen außerordentlich schmalen Strahlungskegel aus, der bei jeder Rotation wie ein Leuchtturm die Erde überstreift. Einer der schnellsten Pulsare muß entsprechend seiner Periode 30 mal pro Sekunde rotieren. Neuere Beobachtungen deuten darauf hin, daß einige Pulsare von planetenähnlichen Körpern umkreist werden, deren Ursprung allerdings noch ungeklärt ist.

Noch massereichere Sterne kontrahieren so stark, daß die Entweichgeschwindigkeit gleich der Lichtgeschwindigkeit wird, sobald ein als Schwarzschildradius bezeichneter, kritischer Radius erreicht wird. Die Erde hätte in diesem Zustand einen Durchmesser von weniger als 2 cm. Es entsteht ein Schwarzes Loch, d.h. der Stern ist nicht mehr direkt sichtbar, da Lichtstrahlen ihn nicht mehr verlassen können. In der Umgebung solcher Objekte ist entsprechend der Allgemeinen Relativitätstheorie die Raumzeit stark gekrümmt, so daß es zu paradoxen Verhältnissen kommt: Einem außenstehenden Beobachter erschiene der Kollaps des Sterns aufgrund der Zeitdehnung immer langsamer, so daß er nie zu einem völlig "Schwarzen Loch" wird. Alle Vorgänge, die sich innerhalb des Schwarzschildradius ereignen, bleiben für den Beobachter außerhalb prinzipiell unzugänglich. Besonders kompliziert und phantasieanregend sind die Verhältnisse in der Nähe eines sehr schnell rotierenden Schwarzen Loches: Der Raum selbst wird hier stark verwirbelt, und Materie, die in eine solche Singularität fällt, sollte riesige Energiemengen in Form von Röntgenstrahlung freisetzen. Beobachtungen derartiger Objekte können daher als indirekter Hinweis auf die Existenz Schwarzer Löcher angesehen werden. Aussichtsreiche Kandidaten für ein Schwarzes Loch sind daher einige enge Doppelsterne, die energiereiche Strahlung aussenden. Bei ihnen ist nur eine Masse beobachtbar, deren kurze Umlaufdauer für ein Schwarzes Loch im Zentrum spricht. Die beobachtete Röntgenstrahlung entsteht vermutlich durch den Sturz von Materie der sichtbaren Komponente in das Schwarze Loch.

Bei der Durchmusterung des Himmels, sei es visuell oder auf der photographischen Platte, fallen mehr oder weniger starke Konzentrationen von Sternen in Haufen auf. Schon sehr früh haben Beobachter sie aufgrund ihrer Sterndichte und Gestalt als Kugelsternhaufen oder Offene Sternhaufen klassifiziert. Durch zahlreiche Untersuchungen wissen wir heute recht viel über ihre Entfernung, Zusammensetzung, räumliche Verteilung, Alter und Entwicklung: Offene Sternhaufen, Ansammlungen von meist 20 bis 300 Sternen, sind stets dicht zur Ebene des Milchstraßenzentrums konzentriert. Ähnlich den Einzelsternen gilt: Je jünger die Haufen sind, umso deutlicher ist ihre Konzentration zur galaktischen Scheibe hin. In großen Entfernungen "ertrinken" sie jedoch in der Menge der Vorder- und Hintergrundsterne, so daß man aufgrund 450 bekannter Offener Sternhaufen eine Gesamtzahl von etwa 15.000 annehmen muß. Bei manchen sehr lockeren Haufen wird die Zusammengehörigkeit der Sterne nur durch ihre gemeinsame Bewegung hin auf einen Zielpunkt erkennbar. In den an der galaktischen Rotation teilnehmenden Offenen Sternhaufen sind beinahe alle Sterntypen vertreten. Neben den sonnenähnlichen Sternen werden in ihnen je nach Entwicklungsstadium auch Riesensterne und Weiße Zwerge beobachtet. Die Menge interstellarer Materie steht in deutlichem Zusammenhang mit dem Alter des Sternhaufens: Während in alten Ansammlungen kein Wasserstoff mehr vorhanden ist, findet man in jungen Haufen wie den Plejaden reichlich interstellare Materie; hier ist der Sternbildungsprozeß noch nicht abgeschlossen. Verglichen mit anderen galaktischen Objekten werden die meisten Offenen Sternhaufen nicht sehr alt. Innerhalb von etwa 100 Millionen Jahren lösen sie sich infolge ihrer zu geringen Massen in Einzelsterne auf.

Abb. 4: Der Offene Sternhaufen der Plejaden (M45), eingebettet in interstellare Materie. Aufnahme: S.Schröder/F.Sohl am 10.10.1979, Teleobjektiv 4/300mm, VSW Rothwesten.

Außerhalb der eigentlichen galaktischen Scheibe wird eine kugelförmige Verteilung einzelner Objekte beobachtet, der sogenannte Halo. Sein Anteil an der Gesamtmasse wird auf ca. 20% geschätzt. Kugelsternhaufen, symmetrische Ansammlungen von oftmals mehreren hunderttausend Sternen, sind sehr alte Objekte, die sich im Gegensatz zu den Offenen Sternhaufen in diesem galaktischen Halo bewegen. Die Sterndichte in ihnen erreicht im Zentrum leicht den 500-fachen Wert der Sonnenumgebung. Kugelsternhaufen bleiben über lange Zeit stabil. Ihre Häufigkeit nimmt dabei vom Zentrum des Milchstraßensystems nach außen schnell, aber gleichmäßig ab. Auf langgestreckten Ellipsenbahnen umkreisen die etwa 500 Kugelsternhaufen das Zentrum der Galaxis. Sämtliche Sterne mit mehr als 1,3 Sonnenmassen haben ihren Wasserstoffvorrat bereits weitgehend aufgebraucht und sich zu Riesensternen entwickelt; interstellare Materie wird im allgemeinen nicht mehr beobachtet. Die Kugelsternhaufen gehören somit zu den ältesten Objekten, die wir kennen. Ihr Alter beträgt nach neueren Abschätzungen über 10 Milliarden Jahre. Vermutlich entstanden sie in der 1. Phase des Milchstraßensystems, als die Galaxis noch eine runde turbulente Gasmasse war. Während in der 2. Phase die Turbulenz erlosch und das rotierende Gas sich zu einer Scheibe abplattete, behielten die früh entstandenen Sterne ihre Bewegung bei. Erst in der 3. Phase verschob sich die Materie durch Reibungswirkungen innerhalb der Scheibe, und der galaktische Kern konnte sich in seiner heutigen Form ausbilden. Besonders mit Blick auf die Bestimmung des Weltalters ist das Alter der Kugelsternhaufen nicht allein für Astronomen von großem Interesse.

Abb. 5: Der Kugelsternhaufen M13 im Sternbild Herkules. Aufnahme: R.Schwebel/M.Müller am 26.5.1992, 30cm-Spiegelteleskop der VSW Rothwesten.

Gasnebel, diffus leuchtende interstellare Materiewolken, bilden den Rohstoff für die Sternentstehung, und von ihrem physikalischen Zustand wird es abhängen, wann, wie und wo ein Stern geboren wird. Erst durch die energiereiche Strahlung benachbarter Sterne werden die Gasatome zum Leuchten angeregt oder das Licht durch den Nebel reflektiert. Ein großer Teil der interstellaren Materie ist nur durch Absorptionslinien in Sternspektren und durch Untersuchungen im Radiobereich der Erforschung zugänglich. Neben den Hauptbestandteilen Wasserstoff und Helium existiert auch ein sehr kleiner Anteil interstellaren Staubes; kleinste Partikel durchaus komplizierter Zusammensetzung, an denen das Sternenlicht gestreut wird. Die Dichte dieser Nebel ist, verglichen mit irdischen Verhältnissen außerordentlich gering. Dagegen beträgt die Temperatur dort ungefähr 10.000 Grad, so daß ein großer Teil der Atome ionisiert vorliegt. Der Anteil der interstellaren Materie an der Gesamtmasse des Milchstraßensystems beträgt nach heutigen Beobachtungen etwa 10%. Da das Gas sehr stark zur galaktischen Ebene und dort in den Spiralarmen konzentriert ist, gibt es aber auch Gebiete, in denen der stellare und interstellare Massenanteil gleich ist. Fast immer sind Sterne in den Nebel eingebettet. Ein besonders aktuelles Forschungsgebiet sind die sogenannten Globulen, sehr kleine, meist kreisförmige Dunkelwolken, die vor hellen Nebeln beobachtet werden. Vieles spricht dafür, daß Sterne bevorzugt in solchen Bereichen entstehen. Im Orionnebel, dem am genauesten untersuchten Sternentstehungsgebiet, wurden in 57 Globulen 72 vermutliche Protosterne entdeckt. Überraschenderweise wurden in den letzten Jahrzehnten durch Radiountersuchungen zahlreiche komplexe, meist organische Moleküle vor allem im galaktischen Zentrum identifiziert. Neben CO, CH, CS und Ammoniak treten auch kompliziertere Verbindungen in einzelnen Quellen auf.

Abb. 6: Der Offene Doppelsternhaufen h& im Sternbild Perseus. Aufnahme: F.Sohl/S.Schröder am 11.10.1979, Teleobjektiv 4/300mm, VSW Rothwesten.

Das in Richtung des Sternbilds Schütze liegende galaktische Zentrum - ohne die interstellare Absorption leuchtete es mondhell - bleibt im optischen Bereich unsichtbar. Erst die moderne Radio- und Infrarotastronomie ermöglicht weitergehende Untersuchungen seiner Struktur. Eine mögliche Deutung dieser Beobachtungen liefert folgendes Bild: Der in das Zentrum zunehmenden Sternenkonzentration sind drei Komponenten überlagert. Näherte man sich dem Kern in der galaktischen Ebene, träfe man in 10.000 Lichtjahren Entfernung auf einen mit 100 km/s expandierenden Ring neutralen Wasserstoffs. Wollte man diesen auf eine gewaltige Explosion im Zentrum der Milchstraße zurückführen, wie es durch Vergleiche mit benachbarten Galaxien nahegelegt wird, müßte ein solcher Ausbruch vor 10 bis 15 Millionen Jahren stattgefunden haben.
Bei weiterer Annäherung an das Zentrum steigt unterhalb von 3.000 Lichtjahren Entfernung die Temperatur aufgrund zunehmender Dichte deutlich an. Ein rotierender, um 8 Grad gegen die galaktische Ebene geneigter Ring umkreist den inneren Kern, ein Gebiet extremer Massenkonzentration. Die zentrale Radioquelle "Sagittarius A" scheint mit dem Zentrum identisch zu sein. Die hier gemessenen Geschwindigkeiten von mehr als 40 km/s weisen darauf hin, daß man hier die Auswirkungen einer Explosion beobachtet, die sich in diesem Fall erst vor 1 Million Jahren ereignet haben dürfte.

Wie auch genauere Untersuchungen benachbarter Galaxien gezeigt haben, können ab einer bestimmten Massenkonzentration Galaxienkerne ungeheure Energiemengen freisetzen. Die Quelle der Energie wird man, obgleich Details der Prozesse noch weitgehend ungeklärt sind, in dem Einfall von Materie in den überaus starken Gravitationsfeldern zu suchen haben. Ob das durch Infrarotbeobachtungen im galaktischen Zentrum entdeckte ultrakompakte Objekt jedoch ein riesiges Schwarzes Loch ist, bleibt noch umstritten.